Sozial, forschend und nachhaltig: Das „MLG“ als große Gemeinschaft

Die Schule beweist mit verschiedenen Projekten, dass im ländlichen Raum gute Bildung möglich ist. Dafür geht der sächsische Schulpreis nach Hartha. Womit das Harthaer Martin-Luther-Gymnasium gepunktet hat.

Von Thomas Sparrer

Um den sächsischen Schulpreis, der alle zwei Jahre ausgeschriebenen wird, hatten sich im vergangenen Schuljahr 57 sächsische Schulen beworben. In der Kategorie berufsbildende Schule/Gymnasium ging der mit 4000 Euro dotierte Preis kurz vor den Sommerferien an das Martin-Luther-Gymnasium Hartha.

Schulleiterin Heike Geißler ist noch immer „geflasht“ von der Preisverleihung in der Theater-Ruine St. Pauli in Dresden. Das Martin-Luther-Gymnasium Hartha hatte es in die Endrunde der 13 besten Bewerber-Schulen geschafft und sich Anfang April 2024 der Jury im Kultusministerium mit einer zwölfminütigen Präsentation vorgestellt. Dabei bildeten Schulleiterin Heike Geißler, Sandra Völz, Fachleiterin für den musisch-künstlerischen Bereich, und Schülersprecher Julius May ein Trio. Der Vortrag war außergewöhnlich und hinterließ bei der Jury einen großen Eindruck. Doch dass die Schule damit den sächsischen Schulpreis gewinnen würde, hatten sich alle drei auf dem Heimweg nicht vorstellen können.

Was macht das MLG so besonders?

Mit dem Schulpreis werden Projekte und Konzepte ausgezeichnet, die über viele Jahre das Schulleben bereichern, die vor allem die individuellen Stärken der Schüler fördern und den Lernprozess und das Schulklima positiv beeinflussen. Das Projekt muss im Schulleben verankert und nachhaltig sein und sich stetig fortentwickeln. Die Juroren in der Jury bewerten zudem, ob das Projekt demokratisches Engagement und soziales Miteinander fördert.

Das Martin-Luther-Gymnasium Hartha hat gleich drei solcher Projekte zu bieten und diese in die Bewerbung gepackt. „Sozial, forschend und nachhaltig als Gemeinschaft“ wurde die Bewerbung überschrieben. Soziales Engagement und empathisches Handeln sind beispielsweise gefragt, wenn die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe neun jedes Jahr mit den Kindern der Regenbogenschule für geistig Behinderte in Döbeln eine Projektwoche organisieren. Dabei wird gemeinsam ein Theaterstück einstudiert oder Trickfilme werden in kleinen Gruppen in einer Trickfilmwerkstatt erarbeitet. Die Ergebnisse wurden in der Stadtkirche einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Seit zehn Jahren gibt es zwischen dem Martin-Luther-Gymnasium Hartha und der Regenbogenschule in Döbeln eine Kooperation. Zum Schuljahresende organisieren die Neuner des MLG dann noch ein Sportfest für die Mitschüler und die Kinder der Regenbogenschule. Gemeinsame Mannschaften feiern gemeinsame Erfolge der Schülerinnen und Schüler mit und ohne Handicap. „Mehr Empathie kann man nicht vermitteln“, sagt Fachleiterin Sandra Völz und zeigt Fotos von dem Projekt.

Forschen in Meinsberg und in Betrieben

Seit Jahren arbeitet das Martin-Luther-Gymnasium mit dem Kurt-Schwabe-Institut in Meinsberg eng zusammen. Unterricht im naturwissenschaftlichen Profil findet daher nicht nur beim Fachlehrer in der Schule, sondern auch als Expertenunterricht bei den Wissenschaftlern des Forschungsinstitutes statt. So untersuchten die Schülerinnen und Schüler in den Laboren des Institutes Trinkwasserproben aus Dresden oder Zellkulturen. Andere Unternehmen der Region, wie die in Hartha ansässigen Automobilzulieferer Pierburg oder Horizon Global, spielen im Unterricht und in Projekten des naturwissenschaftlichen Profils ebenfalls eine große Rolle. „Wenn unsere jungen Leute in der Region gehalten werden sollen, ist eine enge Verknüpfung zwischen Schule und regionaler Wirtschaft sehr wichtig. Unsere Absolventen sollen ja wissen, was die Betriebe an Fachleuten brauchen und welche Studiengänge für die heimische Wirtschaft interessant wären“, sagt Heike Geißler.

Grüne Wohlfühloase statt ­Betonwüste auf dem Schulhof

Naturnah, insektenfreundlich, blühend - der Schulhof und das Umfeld der Schule sollten in einem nachhaltigen Projekt zu Wohlfühloasen werden. Genau dieses Projekt und das Wir, was es ausmacht, sollte die Jury als Drittes überzeugen. Eine Projektgruppe startete vor zwei Jahren eine Umfrage unter den Schülerinnen und Schülern mit der Frage: „Wie weiter mit dem grauen, leeren Platz?“. Im Schuljahr 2022/2023 wurde der Schülerratstag genutzt, es wurden Pläne entwickelt, kleine Gruppen gebildet und aus vielen Ideen ein gemeinsames Projekt geschmiedet. Damit gingen die Schülerräte in die Klassen und als alles stand zum Förderverein des Gymnasiums. Beim Wettbewerb „Schulhofträume“ gewann das MLG schließlich 15.000 Euro, um das Schulhofprojekt in die Realität umsetzen zu können. Mit einem ersten Spatenstich und dem ersten von vielen Arbeitseinsätzen starteten Schüler, Eltern und Lehrer im vergangenen Herbst das gemeinsame Projekt.

Aus der einstigen Betonwüste ist inzwischen ein vielfältiger Schulhof geworden mit einer Blühoase und einem Blühhügel im Innenhof, mit Rückzugsorten zum Draußenlernen, mit einer Außenkunstgalerie für Schülerkunstwerke, einem Areal zum Entspannen samt Chillpavillon und Bereichen zum Aktivsein inklusive Basketballkorb und Tischtennisplatten. Alte Baucontainer wurden in einem Graffitiprojekt gestaltet und mit Pflanzkästen versehen. Sie sind nicht nur ein Blickfang. In ihnen steckt auch all das Werkzeug und Material, das zur Pflege des grünen Schulhofes gebraucht wird.

„Wir haben eine Stunde pro Woche aus dem Wahlbereich Lernen, Tanzen, kreativ sein dafür frei gemacht, um den Schulhof zu pflegen“, sagt Schulleiterin Heike Geißler. Denn mit der Schaffung der neuen Wohlfühloase ist es nicht getan. Es gibt eine AG Schulhof, die als Ganztagsangebot mit naturbegeisterten Schülerinnen und Schülern die Pflanzen und Tierwelt des Schulhofes erkundet, aber auch pflegt und pflanzt. So sollen auch künftig Lehrerschaft, Schülerschaft und Eltern nach dem Bau des neuen Schulhofes bei dessen Nutzung und Erhaltung zusammenwirken.

Hoffnung auf mehr Bekanntheit im ländlichen Raum

Mit einem Video und live moderierten Erklärungen zu den Projekten machten Heike Geißler, Sandra Völz und Schülersprecher Julius May bei der Präsentation vor der Jury im Kultusministerium offenbar richtig Eindruck. „Wir sind richtig stolz, den sächsischen Schulpreis an unser Gymnasium in Hartha geholt zu haben“, sagt Heike Geißler. Die 4000 Euro Preisgeld sollen dafür genutzt werden, alle drei Projekte weiterzuführen.

Stolz ist sie auf den erbrachten Beweis, dass ein kleines ländliches Gymnasium so viel auf die Beine stellen kann. „Vieles ist bei uns schwerer, weil es an öffentlichen Verkehrsmitteln fehlt. Mit den Fünfern einfach per Linienbus mal ins nahe Döbelner Theater zu fahren, sprengt den Rahmen des Busverkehrs und wir müssen Sonderbusse organisieren. Schon in kleinen Gruppen ins nahe Meinsberg zum Forschungsinstitut zu fahren, kostet uns jedes Mal 300 Euro“, beschreibt die Schulleiterin. Mit Wissenschaftlern in einem Labor zu experimentieren, sei für Dresdner Schüler mit einer Uni in der Stadt sicher ein­facher. In Hartha ist es aber auch möglich - mit Engagement und einem entsprechenden Netz- werk, und darauf ist die Schule sehr stolz.

Vom sächsischen Schulpreis erhofft sich die Schulleiterin noch mehr Bekanntheit für ihr Gymnasium. Für Absolventen der Lehrerausbildung liege Hartha bisher irgendwo im Nirgendwo. „Der Schulpreis macht positiv auf uns und die Region aufmerksam“, sagt Heike Geißler.

Bild1: Ein grünes ­Klassenzimmer und viele Wohlfühloasen rund um das Gebäude und den Schulhof sind in dem ­Projekt am Martin-Luther-Gymnasium entstanden.

Bild 2: In den Laboren des Kurt-Schwabe-Institutes in Meinsberg forschen die Schüler des Martin-Luther-Gymnasiums Hartha.

Bild 3: Aus ihrem grauen Betonschulhof machten Schüler, Eltern und Lehrer eine grüne Wohlfühloase. Und sie sorgen dafür, dass es so bleibt.

DA, 31.08. 2024